Chaos im Kopf: ADHS bei Erwachsenen

Bevor ich mich mit ADHS auseinandersetze, möchte ich sagen: Ich bin keine Ärztin und allgemein nicht medizinisch ausgebildet. Meine Auseinandersetzung mit ADHS ist also keinesfalls fachlicher Natur, sondern ein rein persönliches Anliegen, um die Störung selbst besser zu verstehen. Daher gibt es von mir keine Garantie für vollkommene fachliche Richtigkeit!

Was ist ADHS?

ADHS bezeichnet eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung und gilt als eine der häufigsten psychiatrischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen. Lange Zeit galt die Störung als typische Kinderkrankheit. Inzwischen ist allerdings bekannt, dass ADHS auch im Erwachsenenalter eine enorme Belastung darstellen kann. Etwa 3 bis 7 Prozent aller Kinder und Jugendlichen leiden an ADHS. Allerdings sind auch bis zu 4,5 Prozent aller Erwachsenen von der Störung betroffen.

Symptome

Die typischen Bereiche, in denen sich ADHS über Kernsymptome äußert, sind:

  1. Der Wahrnehmungsbereich
    Betroffene sind leicht ablenkbar, tagträumen viel, ihnen fehlt das Durchhaltevermögen, sie sind empfindlich gegenüber Kritik und leiden unter extremer Vergesslichkeit.
  2. Der Sozialisationsbereich
    Betroffene sind impulsiv und handeln häufig ohne vorheriges Nachdenken. Sie leiden unter mangelnder Selbststeuerungsfähigkeit und weisen eine niedrige Frustrationstoleranz auf. Sie haben Schwierigkeiten, sich selbst zu organisieren und planvoll zu handeln. Desweiteren fehlt ihnen für viele Tätigkeiten schlichtweg der Antrieb.
  3. Der motorische Bereich
    Betroffene sind besonders hibbelig und aufgedreht. Ihnen fehlt das Geschick in Bezug auf Grob- und Feinmotorik und sie leiden häufig unter falscher Kraftdosierung.
  4. Sonstiges
    Zusätzlich können auch eine seelische Entwicklungsverzögerung, schnelles psychisches und physisches Ermüden, ein übermäßig ausgeprägter Gerechtigkeitssinn gegenüber anderen und eine erhebliche Beeinflussbarkeit durch andere Anzeichen für ADHS sein.

Als Nebensymptome gelten vor allem Stimmungsstörungen, verminderte Gefühlskontrolle, verminderte Stresstoleranz und Desorganisation. Bei jedem Betroffenen ist die Symptomatik individuell ausgeprägt.

Neben den Kern- und Nebensymptomen gibt es aber auch weitere Merkmale, die keine typischen Symptome sind, allerdings häufig bei ADHS-Patienten beobachtet werden, unter anderem: Vergesslichkeit, Ungeduld, Kaufsucht, Suchttendenz, Reizoffenheit. Auch weitere assoziierte Störungen wie LRS (Lese-Rechtscheibschwäche), Rechenschwäche und Tic-Störungen oder im Erwachsenenalter Ängste, Depressionen oder Suchtverhaltengehen nicht selten mit ADHS einher.

Um die Kriterien einer ADHS zu erfüllen, müssen die Auffälligkeiten außerdem:

  • über das hinausgehen, was durch Alter und Entwicklungsstand des Betroffenen erklärbar wäre
  • eine bedeutsame psychosoziale Beeinträchtigung in mehr als einem Lebensbereich (z.B. Familie / Beziehung und Schule / Arbeitsplatz) verursachen
  • bereits im Vorschulalter beobachtbar gewesen sein
  • länger als 6 Monate bestehen

Positive Symptome

ADHS kann auch Vorteile mit sich bringen: Menschen mit ADHS sind häufig äußerst krativ und geistig sehr beweglich. Wenn die Begeisterung für eine Aufgabe in ihnen geweckt ist, sind sie hochmotiviert und überaus leistungsfähig. Sie können ihre volle Aufmerksamkeit auf diese eine Sache richten und darin sehr erfolgreich sein. Sie haben einen guten Zugang zu ihren Gefühlen und sind sehr hilfsbereit. Sie verfügen über einen stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und finden trotz der vielen Schwierigkeiten aufgrund ihrer Symptome oftmals erstaunliche Wege, um damit zurechtzukommen.

Formen von ADHS

Es gilt zu bedenken: ADHS ist nicht gleich ADHS. Nicht bei allen Betroffenen treffen die Kernsymptome gleichermaßen auf. Dementsprechend werden verschiedene ADHS-Formen unterschieden:

  1. vorwiegend hyperaktiv-impulsiver ADHS-Typ
    v.a starke Impulsivität und Hyperaktivität
  2. vorwiegend unaufmerksamer ADHS-Typ
    v.a. starke Unaufmerksamkeit, Konzentrationsstörungen
  3. ADHS-Mischtyp
    Hyperaktivität, Impulsivität und Unaufmerksamkeit
  4. ADHS-Residualtyp
    Die Symptome sind nicht mehr alle voll ausgeprägt, bestanden jedoch zu einem früheren Zeitpunkt

Ursachen

Stoffwechsel- und Funktionsstörungen im Gehirn 

Die Entwicklung und Aufrechterhaltung einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung stellt ein komplexes Zusammenwirken verschiedener Faktoren (u.a. neurobiologische Faktoren und psychosoziale Einflüsse) dar.

Nach derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen entsteht ADHS durch ein Ungleichgewicht der Botenstoffe (Neurotransmitter) zwischen dem Frontallappen (motorische Funktionen: steuert und kontrolliert Bewegungen, gilt als Sitz der individuellen Persönlichkeit und des Sozialverhaltens) und den Basalganglien (Auswahl von angemessenen Bewegungsmustern, Kontrolle des Bewegungsausmaßes). Der Neurotransmitter-Austausch durch Dopamin und das daraus gebildete Noradrenalin ist in diesem Gehirnareal bei Betroffenen deutlich niedriger.

Die Folge der Unterversorgung mit diesem Botenstoff ist eine gestörte Informationsweiterleitung zwischen den Nervenzellen: Reize werden nur schlecht und unzureichend gefiltert. Dadurch wird das Auftreten neuer Gedanken nicht gehemmt, sodass begonnene Gedanken nicht zu Ende gedacht werden können. Das Zusammenspiel von Aufmerksamkeits- und Motivationssystem ist beeinträchtigt.

Ein gutes Beispiel findet man auf der Website von Konzentrum:

„Stellen wir uns also – um ein plastisches und leicht nachvollziehbares Bild vor Augen zu haben –  die Problematik so vor, als wären im Gehirn eines ADHS-Betroffenen einige Radio-Empfänger nicht ganz exakt eingestellt. »Gesendete« Nachrichten werden somit an der entsprechenden Empfangsstelle im Gehirn als »verrauscht« wahrgenommen. Obschon vielleicht die ganze Nachricht empfangen wird, können bestimmte Inhalte sehr oft eben nur undeutlich und damit rudimentär an Bestimmungsorten wie dem Kurzzeit- oder Langzeitgedächtnis, zuweilen aber auch dem Ort für »bewusstes Wahrnehmen« ankommen.“

Die Betroffenen erleiden eine permanente Reizüberflutung: Durch die immer neuen Impulse können Menschen mit ADHS diese nicht ausreichend filtern, sodass die Verarbeitung von Informationen behindert wird. Daraus resultiert eine eingeschränkte Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit, sowie eine gestörte Selbstregulation. Zusätzlich ist der Zugriff auf vorhandene Fähigkeiten und Informationen eingeschränkt, was eine vorausschauende Handlungsplanung erschwert. Wichtige und unwichtige Wahrnehmungen lassen sich kaum unterscheiden und alle Eindrücke stürzen ungefiltert auf Betroffene ein, was für eine große Anspannung sorgt.

Erbliche Vorbelastung

 Zu dieser neurobiologischen Störung führt eine genetische Veranlagung: 10 bis 15 Prozent der nächsten Familienangehörigen von Kindern mit ADHS sind ebenfalls betroffen. Aktuelle Forschungsergebnisse gehen davon aus, dass nahezu 80 Prozent aller ADHS-Erkrankungen erblich bedingt sind. Mehrere veränderte Gene, die für sich kaum Störungen bewirken, sind im Zusammenspiel für die fehlerhafte Informationsübertragung im Gehirn verantwortlich. Das erklärt das breite Spektrum von Begleitstörungen und das unterschiedliche Ansprechen auf Medikation.

Umwelteinflüsse und psychosoziale Einflüsse

Schlechte Erziehung und negative Kindheitserfahrungen sind keine eigentlichen Ursachen für ADHS. Allerdings können schwierige Familienverhältnisse betroffene Kinder in der Entwicklung ihrer Persönlichkeit zusätzlich belasten und sich auf Schweregrad, Krankheitsverlauf und Entwicklung begleitender Störungen negativ auswirken.

Psychosoziale Risikofaktoren sind unter anderem:

  • unvollständige Familie
  • psychische Erkrankung eines Elternteils
  • familiäre Instabilität, ständiger Streit zwischen den Eltern
  • wenig emotionale Zuwendung
  • niedriges Familieneinkommen, beengte Wohnverhältnisse
  • Lärm
  • Inkonsequenz in der Erziehung, fehlende Regeln, fehlende oder nicht durchschaubare Strukturen
  • häufige Kritik und Bestrafungen
  • unstrukturierter Tagesablauf
  • Bewegungsmangel
  • Zeitdruck
  • hoher Medienkonsum

Genauso wie geringere Intelligenz und die Persönlichkeit, stehen auch Umweltgifte und Nahrungsmittelallergien im Verdacht, bei der Ausprägung der von ADHS eine Rolle zu spielen. Nikotin, Alkohol und andere Drogen während der Schwangerschaft sowie ein Sauerstoffmangel bei der Geburt erhöhen ebenfalls das Risiko des Kindes, später an ADHS zu erkranken.

Unterschiedliche Nervensysteme

Das ADHS-Gehirn mit Dopaminmangel kämpft so gesehen darum, durch die milden Belohnungen gewöhnlicher Aktivitäten und durch externe Verpflichtungen, die andere für „wichtig“ halten, langfristige Befriedigung zu erfahren.

Das Gehirn von neurotypischen Menschen stellt ein prioritätenbasiertes Nervensystem dar. Die Motivation für Aufgaben kommt in der Regel auf Grundlage ihrer Wichtigkeit zustande. Dabei kann diese bestimmte Aufgabe für sie selbst oder für eine andere Person (wie die*den Chef*in, Kolleg*innen, Ehepartner*in, ein Familiedmitglied oder eine*n Freund*in) wichtig sein. Das Wissen um die Bedeutung der Arbeit und das damit verbundene Potenzial für Belohnung oder Bestrafung reicht aus, um diesen Personen die notwendige Motivation zu geben, um sich bei Aufgaben oder Projekten „auf Abruf“ zu engagieren.

Das neurodiverse ADHS-Gehirn dagegen wird als interessenbasiertes Nervensystem beschrieben: Menschen mit ADHS neigen dazu, weniger „Bandbreite“ in ihren Arbeitsgedächtnis-Funktionen zu haben, und haben in der Regel mehr Schwierigkeiten als andere, verschiedene Erinnerungen, die für das Erledigen oder Unterlassen einer Aufgabe relevant sind, schnell miteinander zu verknüpfen. Diese „Immobilität“ oder „Trägheit“ spiegelt statt einfacher Faulheit oder Motivationslosigkeit oft die Beeinträchtigungen der Exekutivfunktion wider, die mit ADHS einhergehenkönnen.

Exekutivfunktionen des Gehirns sind beispielsweise:

  • Planen
  • Entscheidungen treffen
  • Arbeitsgedächtnis (= kurzfristige Speicherung und Verarbeitung von Informationen)
  • Verwerten von Feedback und Fehlerkorrektur
  • Handeln entgegen der Gewohnheit und Verhaltenshemmung (= Tendenz zu Rückzug und Vermeidung bei unbekannten Situationen)
  • mentale Flexibilität (= schnelle Anpassung an Veränderungen oder neue Situationen)

Das Gehirn sucht nach Situationen mit hoher Stimulation, stärkeren Anreizen und unmittelbareren Belohnungen, die eine schnelle und intensive Freisetzung von Dopamin und damit einen Motivationsschub auslösen. Das ADHS-Nervensystem kann mehrmals am Tag in die verstärkte Dopaminproduktion und Hyperfokussierung geraten: Defizite in der Aufmerksamkeit lösen sich auf, wenn das ADHS-Gehirn an einer Aktivität interessiert ist oder sich herausgefordert fühlt. Wennn es von einer einzigartigen oder ungewöhnlichen Aufgabe angezogen wird oder in ein Konkurrenzumfeld geworfen wird.

Angenehme Anreize (Essen, Sex, Bewegung, Wettbewerb, Musik), riskante und extreme Aktivitäten (schnelles Fahren, Motorradfahren, Wasserski, Fallschirmspringen), risikoreiche und intensive Karrieren (Polizisten, Feuerwehrleute, Not- und Rettungskräfte) und Krisen verstärken Spitzen in der Dopaminproduktion und motivieren das Gehirn, sich zu konzentrieren. Dieses Bedürfnis nach einem Dopaminschub ist der Grund, warum das ADHS-Gehirn so oft aufschiebt oder vermeintlich einfache Tätigkeiten im Haushalt nicht sofort erledigen kann. Es wartet bis zur letzten Minute, wodurch eine Krise entsteht, um in kurzer Zeit optimal zu funktionieren.

Folgen

Fest steht: Nicht nur im Kindesalter, sondern auch bei Erwachsenen kann ADHS zu Einschränkungen und Problemen im Alltag, im Job und im Privatleben führen.

Darunter zählen:

  • verminderte Leistungsfähigkeit
  • Einschränkungen im Straßenverkehr
  • Schwierigkeiten in sozialen Beziehungen
  • geringes Selbstwertgefühl
  • Vermeidungsverhalten
  • Suchtprobleme

ADHS aus Sicht einer Betroffenen

Um ADHS aus Sicht der Betroffenen besser zu verstehen, zitiere ich euch hier den Teil eines Artikels auf der Seite DieAngelones. Denn besser könnte ich das Gefühl selbst nicht beschreiben:

 Kein Platz für die eigenen Gedanken

Ich stehe an der Wohnungstür und verabschiede meine Familie. Es ist laut und unruhig. Meine Gedanken haben da keinen Platz. Es geht nur um Organisatorisches.

„Hat der Grosse das Geld für den Ausflug, der Kleine die Bücher der Schulbibliothek? Hat der Mann auch nicht sein Handy oder den Büroschlüssel vergessen? Wird es heute regnen?“

Und ja, stimmt, heute Nachmittag fällt was aus. Muss ich gleich aufschreiben. Und ich muss noch zwei Arzttermine machen. Küsschen verteilen, Tür zu und Ruhe. Einmal durchatmen, und schon schiessen meine ganzen unterdrückten Gedanken an die Oberfläche. Wie geht es mir eigentlich? Was möchte ich für mich tun? Was muss im Haushalt getan werden?

Vor lauter Bäume den Wald nicht mehr sehen

Ich müsste den Frühstückstisch abräumen und hebe unterwegs ein paar liegen gelassene Kleidungsstücke auf. Stimmt. Waschen. Maschine stopfen, anschalten. Und da war noch diese Hose zu flicken. Und wenn ich das Nähzeug schon mal draussen habe, kann ich doch gleich noch das neue Upcycling-Projekt… wenigstens zuschneiden. Na gut, und abstecken. Aber dazu brauch ich den Esstisch. Der ist noch nicht abgeräumt. Geht auch auf dem Boden. Ich will es ja nur schnell fertig machen. Ich suche das Garn raus. Da fällt mir der angefangene Schal für den Sohn in die Hand…

Viele angefangene Projekte und lauter Unordnung

Langer Rede, kurzer Sinn:

 Wenn meine Kinder nach Hause kommen, habe ich den Esstisch immer noch nicht abgeräumt, bin noch im Schlafanzug und habe drei angefangene Projekte mit entsprechender Unordnung mehr.

Und ich bin gefrustet, dass ich eigentlich nichts fertig gemacht habe. Noch nicht mal die Wäsche aufgehängt, die schon seit Stunden fertig in der Waschmaschine wartet und die ich erst bemerken werde, wenn ich auf die Toilette muss. […]

Impulse im Zaum halten, kostet Energie

Und dann gibt es die Tage, an denen mir alles über den Kopf wächst und ich nicht darin versinken will. Dann reisse ich mich zusammen und mache alles, wie es sein soll, verscheuche alles, was ablenkt und bleibe bei der Sache. Das bedeutet für mich einen wahnsinnigen Energieaufwand, einen Teil meiner Impulse im Zaum zu halten. Dann bin ich schon mittags völlig fertig und schaffe am Nachmittag kaum noch was. Für meine Kinder mobilisiere ich meine letzten Kräfte und muss abends früh ins Bett. Auch nicht das Wahre, oder?! Zumindest gab es diese kleinen und grossen Teufelskreise bisher. Mein Kopf kam nie zur Ruhe. Auch nachts nicht wirklich.

Diagnose

Nicht immer sind bei ADHS alle Anzeichen der Störung vorhanden, was die Diagnose erschwert. Auch lassen sich die Symptome oft nur schwer von altersgemäßen Verhaltensweisen abgrenzen. Für die Diagnose ADHS müssen bestimmte Kriterien nach dem Klassifikationssystem ICD-10 erfüllt sein.

 Zur Diagnose von ADHS werden verschiedene Verfahren herangezogen. Dazu zählen:

  1. Anamnese (Gespräch zur Erhebung der Krankheitsgeschichte)
    • Wann sind die Symptome erstmals aufgetreten?
    • In welchen Lebensbereichen zeigen sich Auswirkungen der ADHS-Symptome?
    • Sind psychiatrische Erkrankungen bekannt?
    • Nehmen Sie Medikamente ein?
  2. Spezifische ADHS-Diagnostik
    • häufig mithilfe spezieller ADHS-Fragebögen als Basis der Diagnostik
    • Sie sollen dem Patienten helfen, seine Symptome besser einschätzen zu können.
  3. Körperliche Untersuchung zum Ausschluss anderer Grunderkrankungen
    •  beispielsweise Untersuchung der Schilddrüse, Erhebung der Blutwerte, EKG
  4. Gespräche mit Bezugspersonen
    • Arzt-Gespräch mit dem Partner sowie mit einer Bezugsperson aus der Kindheit 
    • oft werden entsprechende Symptome selbst nicht mehr erinnert, aber andere können Besonderheiten noch gut beschreiben
    • auch ein Blick auf Grundschulzeugnisse ist oft hilfreich
  5. Durchführung spezieller Tests
    • Ermittlung der kognitiven Leistungsfähigkeit und Aufmerksamkeitsleistung

Im Rahmen der ADHS-Diagnostik ist es außerdem wichtig, andere seelische Erkrankungen wie Depressionen oder Suchterkrankungen als Ursache auszuschließen. Mitunter kann ADHS aber auch mit weiteren seelischen Erkrankung einhergehen. Für eine individuell passende Behandlung ist es unverzichtbar, alle ursächlichen Faktoren zu erkennen und in den Behandlungsplan mit einzubeziehen. 

Behandlung

ADHS ist therapierbar, aber nicht heilbar. Das therapeutische Ziel dabei ist es immer, den Leidensdruck zu mildern, um dem Betroffenen ein ansatzweise normales Aufwachsen und Leben zu ermöglichen und so Folgeerscheinungen abzumildern. 

Es gibt eine Vielzahl von Behandlungsmöglichkeiten. Allerdings sind nur wenige wissenschaftlich so gut untersucht, dass sie von Fachärzten als wirkungsvoll eingestuft werden können. Und selbst bei den wirkungsvollen Verfahren gibt es keine Sicherheit, dass sie in jedem Fall hilfreich sind.

Folgende Therapieverfahren zur Behandlung der Kernsymptome von ADHS werden derzeit empfohlen:

  1. Information und Beratung
    Grundlage jeder Behandlung ist die Beratung. Hier werden das Störungsbild ADHS und die daraus entstehenden Probleme erläutert. Ein besseres Verständnis vom Störungsbild soll den Umgang mit den daraus resultierenden Problemen erleichtern und hilfreiche Strategien im Alltag vermitteln.
  2. Verhaltenstherapie
    Die Verhaltenstherapie bei ADHS stellt eine besonders wichtige Komponente der Behandlung dar. Dabei sollen störende Verhaltensweisen abgebaut und ein positives Verhalten erlernt werden. Es werden gemeinsam Strategien entwickelt, die dabei helfen, im Alltag besser mit ADHS umzugehen und problematische Verhaltensmuster zu ändern.
  3. Medikamentöse Therapie
    Medikamente können zwar die Symptome von ADHS lindern, aber nicht unbedingt weitere Probleme lösen, die mit ADHS in Verbindung stehen. Die Medikamente wirken nur so lange, wie sie eingenommen werden und helfen nicht jedem. Wie dringend und zu welcher Tageszeit ein Medikament benötigt wird, hängt von der Ausprägung der Erkrankung ab.
    Zur Behandlung von ADHS sind in Deutschland fünf Wirkstoffe zugelassen:
    • Methylphenidat
    • Atomoxetin
    • Dexamphetamin
    • Lisdexamfetamin
    • Guanfacin
  4. Ergänzende Maßnahmen
    • ergänzende Therapien möglicher Begleiterkrankungen
    • autogenes Training (autosuggestive Entspannungsverfahren)
    • progressive Muskelentspannung nach Jacobson

Verwendete Literatur

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